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Warum die FDP Ja gesagt hat – und weshalb staatliche Standortförderung kein Widerspruch zur liberalen Wirtschaftspolitik ist

  • Carlos Reinhard
  • vor 1 Tag
  • 3 Min. Lesezeit

Persönlicher Kommentar zur Revision des Innovationsförderungsgesetzes (IFG) Sommersession 2025 Grossrat Kanton Bern.


In der Sommersession 2025 hat der Grosse Rat des Kantons Bern ein zentrales wirtschaftspolitisches Geschäft behandelt: Die Revision des Innovationsförderungsgesetzes (IFG). Es war eine emotional geführte Debatte – nicht entlang der klassischen Links-rechts-Grenzen, sondern auch innerhalb der Wirtschaft. Während KMU Bern und die SVP die Vorlage aus ordnungspolitischen Gründen ablehnten, sprach sich eine breite Mehrheit – darunter die FDP – am Ende für das Gesetz aus. Ich durfte als Fraktionssprecher der FDP.Die Liberalen im Grossen Rat die Haltung unserer Fraktion vertreten.


Was wollte die Gesetzesänderung konkret?

Bisher konnte der Kanton Bern Innovationen nur punktuell mit sogenannten Anschubfinanzierungen unterstützen – befristet und ohne Möglichkeit für eine längerfristige Zusammenarbeit. Das war zu wenig – gerade im Vergleich zu anderen Kantonen wie Aargau, Zürich oder Basel-Landschaft, wo seit Jahren gesetzliche Grundlagen bestehen, um auch wiederkehrende Beiträge an Institutionen der angewandten Forschung zu leisten.


Mit der Revision des IFG erhält der Kanton Bern nun die gesetzliche Möglichkeit, besonders wertschöpfungsstarke Projekte und Institutionen wiederkehrend zu fördern – allerdings unter klar definierten Voraussetzungen:


  • Nur für anwendungsorientierte Forschung mit nachgewiesener volkswirtschaftlicher Wirkung

  • Nur wenn ein erheblicher Anteil Drittmittel (z. B. Bundesmittel, Private) fliesst

  • Nur nach Entscheid des Grossen Rates im Rahmen der jeweiligen Budget- und Kreditprozesse


Es geht also nicht um einen Freipass oder Dauerfinanzierungen, sondern um ein gezieltes Standortinstrument mit parlamentarischer Kontrolle. Die kantonale Förderung bleibt subsidiär, temporär und überprüfbar.


CSEM – ein konkretes Beispiel für Standortwirkung

Ein zentrales Motiv für die Gesetzesrevision war das Engagement des Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique (CSEM) in Bern. Das CSEM betreibt auf dem Inselareal ein hochspezialisiertes Zentrum für industrienahe Medizinaltechnik-Forschung – in enger Kooperation mit der Universität Bern und der Insel Gruppe.


Die Forschung des CSEM zielt auf marktfähige Lösungen, etwa in der Präzisionsmedizin, Sensorik oder digitalen Gesundheitsversorgung. Damit entstehen direkte Schnittstellen zur Industrie – also das, was wir unter Technologietransfer verstehen. Entscheidend: Das CSEM würde seine Aktivitäten in Bern wieder abbauen, wenn es ab 2026 keine längerfristige kantonale Unterstützung mehr gäbe.

Mit dem revidierten IFG ist der Kanton nun in der Lage, diese Zusammenarbeit zu sichern – und zugleich die Hebelwirkung auf Bundes- und Drittmittel zu verstärken. Der Erfolg des Standorts Villigen im Kanton Aargau (Paul-Scherrer-Institut) zeigt, was möglich ist: Dort wurden seit der Gesetzesanpassung über 200 Firmen angesiedelt und über 2’000 Projekte realisiert. Warum sollte Bern auf solche Effekte verzichten?


FDP-Haltung: Klar liberal, aber verantwortungsvoll

Ich bin selbst Unternehmer und kein Freund von Subventionen. Aber Standortpolitik ist nicht dasselbe wie Staatswirtschaft. Der Markt allein regelt nicht alles – besonders nicht in Bereichen wie der translationalen Forschung oder bei seltenen Krankheiten, wo wirtschaftliche Unsicherheit Innovation verhindert.

Die FDP hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Wir haben den Gesetzesartikel mehrfach kritisch überprüft und Anpassungen unterstützt, welche Planungssicherheit und Kontrolle schaffen – u. a. durch die sogenannte „Deckelung“ der Förderhöhe und durch die Beibehaltung des Kantonsparlaments als letzte Entscheidungsinstanz.


Fazit: Das IFG ersetzt nicht den Wettbewerb – es stärkt ihn

Das neue IFG bedeutet nicht, dass der Staat Innovation befiehlt. Es schafft die Rahmenbedingungen, damit sich Innovation entfalten kann. Es geht um gezielte Hebelwirkung, nicht um Dauerfinanzierung. Und es geht darum, dass der Kanton Bern nicht länger der einzige Kanton bleibt, der sich selbst Chancen verbaut, während andere die Wertschöpfung und die Köpfe anziehen.

Standortförderung ist kein Gegensatz zur marktwirtschaftlichen Ordnung. Richtig ausgestaltet, ist sie ihr Partner. Deshalb hat die FDP zugestimmt. Und deshalb habe ich mich persönlich mit Überzeugung dafür eingesetzt.

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© 2025 Carlos Reinhard

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